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Was ist der Bias-Variance Tradeoff?

Der Bias-Variance Tradeoff beschreibt im Bereich des Machine Learnings die Problematik, dass ein Modell mit sehr genauen und wenig schwankenden Vorhersagen, also einer geringen Varianz, häufig eine hohe Verzerrung aufweist, also die zugrundeliegende Struktur in den Daten nicht richtig erkennt. Somit steht der Entwickler oft vor der Entscheidung, dass ein einfaches Modell zwar wenig schwankende Vorhersagen trifft, dafür aber nicht komplex genug ist, um die zugrundeliegenden Strukturen zu erkennen und deshalb eine hohe Verzerrung aufweist. Ein komplexes Modell hingegen, kann die Datenstruktur verstehen, hat jedoch eine relativ hohe Varianz in den Vorhersagen. 

Um robuste und genaue Modelle erstellen zu können, muss man sich dieser Abwägung bewusst sein und die grundlegenden Konzepte dahinter verstehen. 

Was sind Bias und Varianz?

Der Bias und die Varianz sind zwei grundlegende Konzepte bei der Bewertung von Machine Learning Modellen. Ein Bias, also eine Verzerrung, ist vorhanden, wenn die Vorhersage eines Modells immer um eine gewisse Differenz vom tatsächlichen Wert abweicht und somit nie genau die richtige Vorhersage getroffen wird. Diese Verzerrung ist unabhängig von der Größe des Trainingsdatensatzes und resultiert daraus, dass das Modell zu einfach aufgebaut ist, um die Komplexität in den Daten ausreichend nachvollziehen zu können. Dadurch wird es stets Werte vorhersagen, die von den tatsächlichen Ergebnissen im Datensatz abweichen. 

Die Varianz hingegen bezieht sich auf die Variabilität der Vorhersagen und den Umgang des Modells gegenüber kleinen Schwankungen in den Trainingsdaten. Modelle mit einer hohen Varianz sagen für zwei leicht unterschiedliche Datenpunkte deutlich andere Werte vorher. Dies tritt vor allem bei Modellen auf, die sehr komplex sind und sich deshalb stark auf Rauschen und Schwankungen in den Daten fokussiert haben. 

Das Ziel von Machine Learning ist es deshalb ein Modell zu finden, das komplex genug ist, um eine geringe Verzerrung aufzuweisen und trotzdem die Varianz nicht zu hoch werden zu lassen. Dieses Gleichgewicht wird als “Bias-Variance Tradeoff” bezeichnet und ist ein grundlegender Baustein bei der Entwicklung von Machine Learning Modellen. 

Was ist der Bias-Variance Tradeoff?

Der Bias-Variance Tradeoff beschreibt die Problematik beim Training eines Machine Learning Modells, dass ein Modell möglichst komplex sein muss, um die Struktur in den Daten zu erkennen und eine geringe Verzerrung zu haben, aber trotzdem nicht zu komplex, sodass die Varianz zu hoch wird, weil es zu stark auf kleine Schwankungen in den Daten reagiert. Allgemeiner ausgedrückt geht es bei diesem Kompromiss darum ein Modell zu trainieren, welches sich gut an die Trainingsdaten anpasst (gemessen über den Bias), aber nicht so stark anpasst, dass es schlechte Vorhersagen für neue, ungesehene Daten trifft (gemessen über die Varianz).

Ein Machine Learning Modell, welches nicht komplex genug ist, um die Datenstruktur abbilden zu können, führt normalerweise zu einer geringen Genauigkeit beim Trainings- sowie beim Testdatensatz, da es systematische Fehler macht. Ein Modell hingegen mit hoher Komplexität, das den Datensatz wirklich versteht, macht zwar diese systematischen Fehler nicht, jedoch konzentriert es sich möglicherweise zu sehr auf Rauschen und kleinste Veränderungen im Datensatz, sodass es zwar eine gute Leistung im Trainingsdatensatz aufweist, aber nur eine schlechte Genauigkeit im Testdatensatz. 

Bias-Variance Tradeoff
Bias-Variance Tradeoff | Quelle: Autor

Der zugrundeliegende Kompromiss bzw. Tradeoff ergibt sich nun, indem ein Modell gefunden werden muss, welches komplex genug ist, um die Verzerrung zu verringern, aber gleichzeitig nicht zu komplex ist, um die Varianz unnötigerweise zu erhöhen. Das Ziel des Trainings ist es, diesen Sweet Spot zu finden und ein Modell zu trainieren, welches gut auf neue Daten verallgemeinern kann. 

Welche Szenarien können beim Modelltraining auftreten?

Beim Training eines Machine Learning Modells kann einer der vier folgenden Zustände eintreten: 

  1. Geringe Varianz, Geringer Bias: Das optimale Modell hat eine geringe Varianz und eine geringe Verzerrung und liefert dadurch genaue Vorhersagen für die Trainingsdaten, aber auch für neue, ungesehene Daten. 
  2. Hohe Varianz, geringer Bias: Wenn das Modell sich zu stark an die Trainingsdaten anpasst, kommt es zu einer hohen Varianz, da bereits kleine Änderungen in den Daten zu starken Schwankungen in den Ausgaben führen. Ein solches Modell ist von Overfitting betroffen, da es sich zu stark auf die Trainingsdaten anpasst und deshalb nur schlechte Vorhersagen für neue Daten trifft. 
  3. Geringe Varianz, hohe Verzerrung: In einem solchen Fall kommt es zu Underfitting. Die Vorhersagen des Modells sind zwar konstant, aufgrund der geringen Varianz, aber auch stark verzerrt, sodass es zu keinen genauen Vorhersagen kommt. 
  4. Hohe Varianz, hohe Verzerrung: In diesem Szenario kommt es zu falschen Vorhersagen, die auch dazu noch sehr schwankend sind. Die Modellarchitektur wurde nicht passend für die Daten gewählt und führt deshalb zu unzureichenden Ergebnissen. 

Welche Methoden gibt es, um mit dem Bias-Variance Tradeoff umzugehen?

Der Bias-Variance Tradeoff ist ein Konzept im Machine Learning, das die Problematik beschreibt, dass die Verzerrung und die Varianz in Konkurrenz stehen und deshalb bei der Entwicklung von Modellen gezielt ausbalanciert werden. Die folgenden Methoden können dabei helfen dieses Ziel zu erreichen: 

  • Regularisierung: Die Regularisierung inkludiert einen Strafterm im Modelltraining und der Verlustfunktion, um zu verhindern, dass sich das Modell zu sehr an die Trainingsdaten anpasst und dadurch zu Overfitting führt. Vielmehr ist es dadurch möglich, dass das Modell auf neue, ungesehene Daten besser reagiert. 
  • Cross Validation: Mithilfe der Kreuzvalidierung lässt sich der Datensatz in Trainings- und Validierungsdatensatz aufteilen, damit während dem Training bereits bewertet werden kann, wie das Modell auf ungesehene Daten reagiert und die Hyperparameter entsprechend angepasst werden. 
  • Ensemble-Methoden: Ein Ensemble besteht aus mehreren Modellen, die so miteinander kombiniert werden, dass es zu genaueren und robusteren Vorhersagen kommt. Zwei beliebte Methoden dafür sind das sogenannte Bagging und Boosting. Beim Bagging werden mehrere Modelle auf einer Teilmenge der Daten trainiert und der Durchschnitt der Vorhersagen dient dann als Gesamtvorhersage. Beim Boosting hingegen werden mehrere Modelle nacheinander trainiert, wobei sich jedes nachfolgende Modell besonders auf die Daten konzentriert, die das vorherige falsch vorhergesagt hat. 
Das Bild zeigt den Gradient Boosting Prozess, wie er bei XGBoost genutzt wird.
Beispiel des Boostingprozesses | Quelle: Autor
  • Feature Engineering: Das Feature Engineering beschäftigt sich damit den Eingabedatensatz und die Merkmale so zu bearbeiten, dass sich die Modellleistung verbessert. Dazu werden bestimmte Merkmale ausgewählt und bearbeitet, sodass die Verzerrungen im Modell verringert und die Genauigkeit verbessert wird. 
  • Modellauswahl: Bei diesem Verfahren werden mehrere Modellarchitekturen getestet, um die optimale Architektur für den vorhandenen Datensatz zu finden. Durch die richtige Auswahl lässt sich ein gutes Gleichgewicht zwischen Verzerrung und Varianz finden. 

Abschließend ist der Bias-Variance Tradeoff ein wichtiges Konzept, das beim Modelltraining beachtet werden sollte. In diesem Abschnitt wurden verschiedene Methoden vorgestellt, mit denen sich diese Problematik effektiv in den Griff bekommen lässt. 

Welche praktischen Anwendungen gibt es für den Bias-Variance Tradeoff?

Der Bias-Variance Tradeoff spielt in vielen Machine Learning Modellen eine große Rolle und hat Auswirkungen auf die Vorhersagequalität. In den folgenden Anwendungen spielt es unter anderem eine besonders wichtige Rolle: 

  1. Bilderkennung: Bei der Bilderkennung ist der Grad zwischen einem zu komplexen Modelle, das zwar eine geringe Verzerrung hat und alle Merkmale im Bild richtig erkennt, dafür aber schlecht auf neue, ungesehene Daten reagiert und einem leistungsstarken Modell sehr eng. Es muss sorgfältig darauf geachtet werden, die Verzerrung und die Varianz im Auge zu behalten. 
  2. Medizinische Diagnose: Bei der medizinischen Diagnose wird versucht vorherzusagen, ob ein Patient erkrankt ist. Dafür werden bestimmte Symptome und Untersuchungen als Inputparameter genutzt. Ein Modell mit hoher Varianz bedeutet in diesem Fall, dass inkonsistente Diagnosen gestellt werden, beispielsweise bei zwei Patientien, die sich nur leicht unterscheiden. 
  3. Vorhersage des Aktienmarktes: Eine hohe Varianz bei der Börsenprognose bedeutet, dass die Daten für zukünftige Verläufe nur sehr unregelmäßige Werte vorhersagen, wodurch sich das Risiko des Investments erhöht. Ein Modell mit einer hohen Verzerrung hingegen erkennt möglicherweise wichtige Signale in den Kursen nicht. 
  4. Verarbeitung natürlicher Sprache: Für die natürliche Sprachverarbeitung werden äußerst komplexe Modelle benötigt, um alle Nuancen in Texten zu verstehen und richtig zu interpretieren. Auch hier ist die Abwägung von Bias und Varianz von immenser Bedeutung, um ein Modell zu erhalten, das gut auf neue Texte verallgemeinert und zum anderen auch die Komplexität der Sprache ausreichend erfasst. 

Diese Anwendungen sind nur ausgewählte Beispiele für die Bedeutung des Bias-Variance Tradeoffs in der Praxis. Bei nahezu allen Modellen ist es deshalb wichtig, die Hyperparameter sorgfältig abzustimmen und geeignete Modellarchitekturen zu nutzen. Wenn möglich, können auch verschiedene Regularisierungstechniken sinnvoll sein. 

Das solltest Du mitnehmen

  • Der Bias-Variance Tradeoff beschreibt ein Konzept im Bereich des Machine Learnings, welches beschreibt, dass die Merkmale Verzerrung und Varianz in einem Gegengewicht zueinander stehen. 
  • Eine hohe Verzerrung mündet meist in einer Unteranpassung, sodass das Modell die Komplexität der Daten nicht ausreichend erfassen kann. Eine hohe Varianz hingegen führt zu einer Überanpassung, sodass keine gute Generalisierung auf neue, ungesehene Daten stattfindet. 
  • Es gibt insgesamt vier verschiedene Szenarien in denen der Bias-Variance Tradeoff auftreten kann.
  • Das Ziel beim Modelltraining ist es deshalb, eine gute Ausgewogenheit zwischen Bias und Varianz herzustellen, um eine ausreichende Vorhersageleistung zu erreichen. 
  • Es gibt verschiedene Techniken, die genutzt werden können, um dies zu erreichen, wie beispielsweise die Regularisierung oder die Kreuzvalidierung. 
  • Der Bias-Variance Tradeoff spielt in nahezu jedem Machine Learning Modell eine Rolle, da es häufig in der Realität vorkommt und viele Modelle davon betroffen sind.
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Die Cornell University bietet eine interessante Vorlesung zu dem Bias-Variance Tradeoff an.

Das Logo zeigt einen weißen Hintergrund den Namen "Data Basecamp" mit blauer Schrift. Im rechten unteren Eck wird eine Bergsilhouette in Blau gezeigt.

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